Bericht

Don Carlos, 18.November 1998, 34. Aufführung

In der Wiener Staatsoper wird Verdis Oper der Zwiegespräche in einer Inszenierung von Pier Luigi Pizzi aus dem Jahre 1989 in einer vieraktigen, italienischen Fassung gezeigt, die den Tenor allerdings seiner Arie im Wald von Fontainebleau beraubt und für das Publikum ohne den ersten (Fontainebleau-) Akt auch etwas weniger schlüssig ist.
Die Vorstellung am 18. November hatte hohen Staatsbesuch zu Gast. Der türkische Präsident Süleyman Demirel bekam zwar keinen unvergeßlichen, aber in vielen Momenten gelungenen Abend geboten..

Carlos Alvarez
Er ist der eigentlich Held von Don Carlos: Ricardo Marquis de Posa, in Carlos Alvarez erhält er seine ideale Verkörperung. Carlos Alvearez wird ab dem 14. Dezember 1998 in der Neuinszenierung von Ernani als Don Carlo, Karl V., die Geschicke Ernanis mitbestimmen.
Die positivste Erscheinung dieses Abends war Carlos Alvarez. Den spielfreudigen, spanischen Bariton ist die Rolle des freigeistigen, couragierten und am Ende sich für seinen Freund opfernden Marquis von Posa geradezu auf den Leib geschrieben und komponiert. Höhepunkt der Vorstellung war die Sterbeszene – keiner stirbt so gefühlvoll und wohlklingend wie Carlos Alvarez! Das Orchester arbeitete allerdings manchmal eher gegen als für ihn und spielte auch insgesamt unter der Leitung von Vjekoslav Sutjej sehr laut auf.
James Morris geb einen standesgemäßen Philipp II., der aber gerade im Duett mit dem Großinquisitor noch etwas ‚schwärzer` klingen dürfte. Sein Rollendebüt als Großinquisitor an der Wiener Staatsoper gab Eric Halfvarson, der den Großinquisitor unweigerlich in seiner Erscheinung an den Papst erinnern ließ. Nicht nur blind, sondern gebeugt und gebrechlich, und doch mit eisernem Willen. Stimmlich brachte er die nötige ‚Schwärze` mit, manchmal klang seine Stimme etwas brüchig, aber dies paßte haargenau zur Rolle. Sergej Larin, vielen Fernsehzuschauern von der Turandot-Übertragung aus der ``Verbotenen Stadt" als Kalaf noch in bester Erinnerung, verstand sich mit seinem kraftvollen Tenor auch gegen das auftrumpfende Orchester durchzusetzen und bot abgesehen von einem kräftigen Patzer im Duett mit Elisabeth eine ansprechende Leistung. Die seitens der Wiener Staatsoper fest im Dauereinsatz befindliche Eliane Coelho, deren häufiges Auftreten bei vielen Stammbesuchern der Wiener Staatsoper zu einem Übersättigungseffekt geführt hat, meisterte die Rolle der Elisabeth von Valois besonders in den Höhen stimmlich gut. Manches Opernhaus wäre froh, eine solche Sängerin zu ihrem Ensemble zählen zu können.
Eliane Coelho meisterte die Rolle der Elisabeth von Valois besonders in den Höhen stimmlich gut.
Eliane Coelho
Waltraud Meier als Prinzessin Eboli wurde von ihrer Fangemeinde gefeiert, wartete allerdings in den Höhen mit einigen sehr schrillen Tönen auf. Das Bühnenbild selbst ist in schwarz-grau gehalten. Farbtupfer geben eigentlich nur die Kostüme der Damen. Beherrscht wird Pizzis Bühnenbild in allen vier Akten von einem kunstvollen, eisernen Gestänge im Hintergrund, ein Symbol auch dafür, wie gefangen die Protagonisten in ihrem Seelendrama sind.

Weitere Vorstellungen:
22. November 1998, 22., 25. Mai 1999

Birgit Popp

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