Presse

Pressestimmen zu 'Manon' an der Deutschen Oper Berlin

Berliner Morgenpost, 12.Juni 1998:
Am Strumpfband endet die Erotik - Leidenschaften unterm Eiffelturm: Cesare Lievi inszeniert Massenets 'Manon' an der Deutschen Oper: [...] Lievis Inszenierung ist wie Massenets Musik: hellhörig, ohne Mätzchen, immer eine Spur auf Distanz. Kein Drama einer emanzipierten Frau, aber auch keine Gesellschaftsstudie mit Röntgenblick. Die ersten beiden Akte bleiben unaufdringliches Arrangement, erst später setzt Lievi die Feile an, bricht den Prunk der Massenszenen mit dem schrägen Auftritt einer Ballett-Truppe und trumpft sogar - sinnlicher Höhepunkt des Abends - mit einem Liebesakt im Kloster auf.  Olala ! [...] Nicht auf Stars, sondern auf glaubwürdige junge Sänger setzt die Neuproduktion. Fionnuala McCarthy [...] ihr Sopran leuchtet und glitzert voll Charrme und Musikalität - nur traf sie nicht das Auftreten der koketten Dame von Welt. Der amerikanische Tenor Paul Groves singt sich mit Leichtigkeit und dem notwendigen Kick in der Höhe durch die Rolle des Des Grieux. Marc Barrard als Manons Bruder ist Kavalier und Bariton in einem, Friedemann Kunder der wohlmeinend-sonore Des Grieux Senior. [...]

Bild-Zeitung, 12. Juni 1998:
Getrieben von der Lust nach Vergnügen: [...] Der Italiener Cesare Lievi inszenierte eine klassische Manon in den aufwendigen Kostümen (von Luigi Perego) der 'belle époque'. Dazu schuf Margherita Palli ein Bühnenbild, das mit seinen Stahlsäulen und Treppen an Gemälde aus dem 19. Jahrhundert erinnert. [...] Doch diese Oper lebt vor allen durch ihre Hauptperson.
Fionnuala McCarthy sang die extrem schwierige Partie der Manon wie aus dem Bilderbuch. Sie ist nicht nur eine hervorragende Sängerin sondern eine ebenso gute Schauspielerin. Hatte in Paul Groves einen stimmlich ebenbürtigen Partner. Auch die anderen Sänger standen den beiden in nichts nach. [...] Eine Inszenierung, die Spaß macht, die einfach 'nur' Oper ist.
Von schönen Bildern und schönen Stimmen getragen wird. Und das genügt vollauf.

Berliner Zeitung, 12. Juni 1998:
Die Liebe im Zeitalter der Eisenbahn: [...] Die Massenet-Premiere in der Deutschen Oper hat sehr gefallen.  Waren es die Herzen der Weichtonigen, denen die Aufführung willkommen waren ? Cyril Diederich dirigierte vielleicht ein wenig pauschal, vor allem kamen die Reize der Melodik in die Auslage - welche allerdings auch die Reize des Werkes ausmachen - [...]. Doch es wäre ungerecht zu überhören, daß das Orchester nicht schlecht klang, [...] . Und was gefiel noch ? Die Inszenierung. Cesare Lievi wurde mit warmen Beifall empfangen. [...] Sie [die Eisenbahn] hat das Zeit- und Raumempfinden des 19. Jahrhunderts mit jäher Gewalt verändert: leicht vorstellbar, daß aus der Idee sich hätte etwas machen lassen. Aber Lievi hat keinen Sinn für die bedrohenden, zerstörenden Kräfte, die in seinem Regieeinfall liegen. Mit dem ersten Blick schon gehen dem Bühnenbild die Kräfte aus. Die Verlegung der Handlung ins 19. Jahrhundert wirkt gerade nicht konzeptionell kraftvoll, sondern schwach. 18. Jahrhundert, das hätte fremd gewirkt. Lievis 19. Jahrhundert und allein schon die klassisch zurückgenommenen, unserer Mode angenäherten Kostüme sind eine Einladung zur Identifikation. [...] Die Personenführung ist zu ungenau, die stimmlich durchweg guten Sänger bleiben auf sich gestellt. Des Grieux (Paul Groves) gewinnt trotz schöner Stimme keine rechte Gestalt, besser geht es Fionnuala McCarthy, die das Mädchenhaft-Selbstverliebte zeigt bis zur Ausstellungsware. [...]


Opera Notes