Splitter

Tosca, Wiener Staatsoper, 11. Dezember 1998

Die 444. Aufführung einer prunkvollen Tosca-Inszenierung aus dem Jahre 1958 (Regie: Margarethe Wallmann, Bühnenbild und Kostüme: Nicola Benois) zeigte Eliane Coelho als Puccinis Tosca in einer ihrer Paraderollen. Zu recht wurde sie an diesem Abend mit Beifall überhäuft. An ihrer Seite hatte Franco Farina sein Rollendebüt an der Wiener Staatsoper als Cavaradossi. Mit seinem schlanken, ausdrucksvollen Tenor konnte er in dieser Rolle gut gefallen, seine Darstellungsweise ist jedoch noch vertiefbar. Weniger überzeugend in der Rolle des Scarpias war hingegen Juan Pons. Sowohl gesanglich als auch in der Darstellung hätte man sich eine stärkere Differenzierung gewünscht. Die Person des menschenverachtenden, nur seine eigenen Begehren stillen wollenden Polizeichefs, der sich zwischen Machtdemonstration, Hohn und Verführungskunst bewegt, war ihm nur schwer abzunehmen. Präziser und differenzierter hätte auch das Orchester unter der Leitung von Leopold Hoger aufspielen dürfen.

Weitere Vorstellungen sind am 5., 9. Januar, 9., 12. Februar 1999.

bp

Der Freischütz, Wiener Staatsoper, 6. Dezember 1998

Von Romantik ist in dieser Produktion aus dem Jahre 1995 nicht mehr viel zu spüren. Die Inszenierung von Alfred Kirchner in Zusammenarbeit mit Erich Wonder (Bühnenbild) und Joachim Herzog (Kostüme) ist gewöhnungs- und erklärungsbedürftig - nur leider erhält der Opernbesucher keine Erklärungen. Über die Gedanken des Regisseurs gibt auch das Programmheft keinen Aufschluß. Das Bühnenbild ist eine seltsame Mischung aus romantisch-verklärten, in Aquarellfarben bemalten Prospekten, Einsatz von Projektoren, Lichtspielen und gemalten Lichtkegeln und alchimistisch-physikalischen Formeln, dabei läuft das ganze meistens in dunkel-düsterer Backstage-Kulisse ab. Da hängt der Feuerlöscher an der Wand, dort ein Trafo-Kasten und an anderer Stelle befindet sich die Tür zur Bühne. Interessant gestaltet ist die Wolfsschlucht-Szene, wenn mit Lichtprojektoren die Fratzen durchs Bühnenbild spuken. Die Soldaten mit Suchscheinwerfer-Lampen auf den Tornistern lassen jedoch keine übersinnlich-schaurige Stimmung aufkommen, sondern nur beklemmende Gefühle eines Kriegsschauplatzes.

In den Rollen der Agathe und ihres Bräutigams Max sind Petra Maria Schnitzer und Peter Seiffert zu erleben, die Ende Oktober bereits in einer Neuinszenierung dieser Oper von Carl Maria von Weber an der Bayerischen Staatsoper in München gemeinsam auf der Bühne standen. Abgesehen von den beiden Protagonisten gefiel besonders gut Geert Smits in der Rolle des Fürsten Ottokar. Von dem jungen, niederländischen Bariton, der seit Beginn der Spielsaison '98/'99 Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper ist, darf man sich viele musikalische Hochgenüsse erhoffen. Sein melodischer, warmgefärbter, kultivierter Bariton, seine Bühnenpräsenz und seine stattlich-schlanke Erscheinung werden ihm schnell den Weg in die Herzen des Wiener und des internationalen Publikums ebnen. Sein Debüt an der Wiener Staatsoper hatte Geert Smits am 11. September 1998 als Harlekin in 'Ariadne auf Naxos' unter der musikalischen Leitung von Peter Schneider, der auch beim Freischütz am Pult stand.  Am 30. September 1998 hatte Smits sein Rollendebüt am Haus am Ring als Don Fernando in 'Fidelio'.

Eine weitere Vorstellung von 'Der Freischütz' in dieser Saison gibt es am 10. April 1999.

bp

Der Fliegende Holländer, Wiener Staatsoper, 4. und 7. Dezember 1998

In düsterer, sturmgepeitschter Nacht kommt Wagners Fliegender Holländer daher. So düster über alle drei Aufzüge hinweg in dieser Inszenierung aus dem Jahre 1979, daß es für das Auge des Betrachters schon ermüdend ist. Raffiniert in Szene gesetzt von Regisseur Wolfgang Zörner nach Bühnenbildentwürfen von Günther Schneider-Siemssen, der sich neben Leo Bei auch für die Kostüme verantwortlich zeichnet, ist das Auftauchen und Verschwinden des Geisterschiffes des Holländers.

Vor allem in der Aufführung am 4. Dezember hatten alle Protagonisten einschließlich des Orchesters etwas Anlaufschwierigkeiten, steigerten sich jedoch zu einem bewegenden, musikalisch packenden dritten Aufzug.

Sein Rollendebüt an der Wiener Staatsoper als norwegischer Seefahrer Daland gab der Bassist Eric Halfvarson, der erst im November auch sein Rollendebüt am Hause als Großinquisitor in 'Don Carlos' hatte. Wenn man ihn jetzt als in der Blüte seines Lebens stehenden Seefahrer mit kräftig-melodischem Baß erlebte, der die Gunst der Stunde zu erkennen glaubt, um seine Tochter Senta mit einem reichen Seemann zu vermählen, dann wird einem erst bewußt, mit welcher schauspielerischen Glanzleistung Eric Halfvarson den gebrechlichen Großinquisitor dargestellt hat. Als seine Tochter Senta war Gabriele Maria Ronge zu hören, die insbesondere in den mittleren Lagen und mit ihrer Ausdruckskraft in ihrer Ballade vom Fliegenden Holländer überzeugte. Den Holländer verkörperte Bernd Weikl nicht ganz mir der Präsenz, die man sich für eine so charismatische Sagengestalt vorstellt. Als Erik war Michael Pabst zu erleben.

Weitere Vorstellungen sind am 28. und 30. Januar 1999.

bp

Festlicher Opernabend, Nationaltheater Mannheim, 19. November 1998

'Don Carlos'

Bei den einmal im Monat stattfindenden Festlichen Opernabenden am Nationaltheater Mannheim wird eine Repertoire-Oper durch die Verpflichtung von Gaststars als operaler Leckerbissen aufbereitet.

Der Festliche Opernabend im November stand im Zeichen von 'Don Carlos', Verdis Oper um den Infanten von Spanien. Die Riege der drei Gastsänger führte Matti Salminen an. Für den finnischen Bassisten ist der Philipp II. einer seiner Paraderollen. Mit der Partie des Vaters von Don Carlos hatte er vor über 30 Jahren sein Debüt als Sänger einer Hauptpartie an der Finnischen Nationaloper in Helsinki gegeben. Seit dieser Anfangszeit ist ihm die Rolle in Fleisch und Blut übergegangen. Mit großer stimmlicher wie darstellerischer Präsenz durchlebt und durchleidet er die Momente zwischen Selbstzweifeln und Rachegefühlen, zwischen Hilfslosigkeit und Machtausübung im persönlichen wie politischen Spannungsfeld zwischen seiner Frau Elisabeth von Valois (Silvia Ranalli), seinem Sohn Don Carlos (Ki-Chun Park), Marquis von Posa (Igor Morozow), dem Großinquisitor (James Moellenhoff) und nicht zuletzt dem Intrigenspiel seiner Mätresse Prinzessin Eboli (Lioba Braun).

Silvia Ranalli, eine Schülerin von Renata Tebaldi, bewies das sie nicht umsonst im Ruf einer ausgezeichneten Verdi-Interpretin steht. Der russische Bariton Igor Morozow, der 1989 sein westeuropäisches Debüt an der Wiener Staatsoper als Onegin gab, vertrat den erkrankten Lucio Gallo würdig.

Das Bühnenbild und die Kostüme von Wolf Wanninger bzw. Reinhard Heichrich in der Inszenierung aus dem Jahre 1976 versetzten den Opernbesucher in die Zeit Philipp II Mitte des 16. Jahrhunderts. Gespielt wurde eine italienische Fassung ohne den Fontainebleau-Akt und ohne das Ballett zu Beginn des zweiten bzw. dritten Aktes.

Die nächsten Festlichen Opernabende finden mit Cavalleria rusticana und I Pagliacci am 24. Januar 1999 bzw. Rigoletto am 27. Februar 1999 statt.

Peter Grimes, Staatsoper Wien, 17. November 1998
Gustafson und Shicoff
Nancy Gustafson als Lehrerin Ellen Oxford und Neil Shicoff als Peter Grimes, der ab dem 14. Dezember 1998 in einer Neuinszenierung von Verdis Ernani in der Titelpartie zu sehen sein wird.
Britten ist nicht ihr beliebtester Opernkomponist - diese Aussage demonstrierten die Wiener Philharmoniker recht eindrücklich in der Vorstellung am 17. November, möge doch bitte keiner auf den Britten-Geschmack kommen. Da blieb wenig übrig von den vom Komponisten gezeichneten Stimmungsbildern. Die Inszenierung aus dem Jahr 1996 tat ihr Übriges dazu. Ein ständiges Gewusel auf der Bühne, das auch die guten Einfälle überdeckt. Ein Lichtblick des Abends war Neil Shicoff in der Titelpartie, an seiner Seite Bestand hatte auch Nancy Gustafson als Lehrerin Ellen Oxford. Wicus Slabbert gab der Figur des Kapitän Balstrode jedoch wenig Kontur und der Chor sang unpräzise. Das etliche Besucher vorzeitig den 'Tatort' verließen, überraschte nicht.Weitere Vorstellungen in dieser Spielzeit sind am 21., 25. November 1998, 27., 30. April 1998. Hoffentlich dann mit etwas mehr Britten-Gespür des Orchesters.

bp

L'Italiana in Algeri, Staatsoper Wien,
15. November 1998, 38. Aufführung

Agnes Baltsa als gekaperte, italienische Dame Isabella.

Agnes Baltsa
Eine hinreißend vergnügliche Inszenierung aus dem Jahr 1987, die von ihren optischen Impressionen im maurischen Ambiente und den zahlreichen, lustigen Einfällen des Regisseurs lebt, aber vor allem natürlich auch vom Spielwitz und der Spielfreude ihrer Sänger-Darsteller. Rossini, der Meister des Belcantos, hat die bezaubernde Musik geliefert, der zwischenzeitlich verstorbene Regisseur Jean-Pierre Ponnelle die amüsanten, detailverliebten szenischen Einfälle. Ob es der mit riesigen Turbanen und dicken Pappmaché-Bäuchen ausgestattete Eunuchen-Chor ist, die aus dem Dampfbad des Beys springende Haremsdame oder die im Rhythmus der Musik den Parmesan über Mustafàs Spaghetti reibende Isabella, alles wirkt lustig, aber nicht lächerlich. Und da Agnes Baltsa als gekaperte, italienische Dame Isabella, Ferruccio Furlanetto als Mustafà, Bey von Algier, Simina Ivan als seine Gattin Elvira, Alfred Sramek als Isabellas Begleiter Taddeo unter der Leitung von Ralf Weikert auch musikalischen Genuß verbreiteten, wurde es ein Abend, an dem man beschwingt nach Hause ging.

Weitere Vorstellungen in dieser Spielzeit sind am 2. und 7. Juni 1999, dann mit Jennifer Larmore als Isabella und Samuel Ramey als Mustafà Bey.

bp

Operaler Hochgenuß: La bohème an der Bayerischen Staatsoper München

Zum operalen Hochgenuß wurde die La bohème-Vorstellung am 28. Oktober 1998 an der Bayerischen Staatsoper München. Die Inszenierung von Otto Schenk ist ein Dauerbrenner im Repertoire der Staatsoper und dies bereits seit 1979 ! So war auch die Vorstellung am 28. Oktober 1998 bis auf den letzten Stehplatz ausverkauft. Nicht ohne Grund: Das Bühnenbild läßt den Opernbesucher in das Leben der Bohemians eintauchen und die sängerischen Leistungen waren ein Hörgenuß. Allen voran der spanische Bariton Manuel Lanza, der mit seinen stimmlichen und darstellerischen Qualitäten der Rolle des Marcellos besonderen Glanz verlieh. Besonders gut gefielen außerdem die amerikanische Sopranistin Angela-Maria Blasi als Mimi und der amerikanische Tenor Martin Thompson, der kurzfristig für Vincenzo La Scola eingesprungen war. Es ist zu wünschen das Thomson, der an der Bayerischen Staatsoper auch den Edgardo singt, in Zukunft dort noch öfters zum Einsatz kommt. Für diese Saison steht 'La bohème' noch für den 20., 23., 27. Dezember 1998, 8. Januar und  3.,  6. April 1999 auf dem Spielplan, dann allerdings weitgehend in anderer Besetzung. Ein Wiederhören wird es mit Angela-Maria Blasi jedoch im Dezember geben.

 

Hausdebüts an der Deutschen Oper Berlin

Ihre Debüts an der Deutschen Oper Berlin geben Elizabeth Magnuson als Konstanze und Michael Eder als Osmin in Mozarts 'Die Entführung aus dem Serail' am  15. und 18. November 1998. Die amerikanische Koloratursopranistin, die 1994 nach einem Sensationserfolg als Königin der Nacht ins Ensemble des Züricher Opernhauses engagiert wurde, wo sie auch als Rosina, Marzelline oder Genio in Haydns 'Orfeo' zu hören ist, hat u.a. an den Opernhäusern von Stuttgart, Basel, Hamburg und Leipzig als Königin der Nacht gastiert und wird diese Partie auch im März an der Deutschen Oper Berlin singen. Der österreichische Bassist Michael Eder hat sein Bühnendebüt als Osmin in seiner Heimatstadt Wien gegeben. Seit 1997 ist er am Opernhaus Bonn festverpflichtet. Ab 1999/2000 wird er Ensemblemitglied der Deutschen Oper Berlin sein. Vor allem als Osmin, Sarastro und Baron Ochs auf Lerchenau hat er u.a. in Düsseldorf, Darmstadt, Leipzig, Wien, Glyndebourne, Parma, Triest gastiert. Im Herbst 1999 gibt er sein Debüt an der San Francisco Opera. Er wurde am Wiener Konservatorium bei Prof. Waldemar Kmentt und privat bei Prof. Rudolf Holtenau und KS Arthur Korn ausgebildet.

Ebenfalls sein Hausdebüt an der Deutschen Oper Berlin wird der junge Bassist Eric Martin-Bonnet als Mephistopheles in Gounods 'Faust' bei der Wiederaufnahme dieser Oper am 19. November 1998 gegeben (Wiederholung am 22. und 27. November 1998). Er studierte in Paris und wurde nach seinem Operndebüt als Urbain in Offenbachs 'Pariser Leben' an der Opéra Comique von so wichtigen französischen Opernhäusern engagiert wie Strasbourg ('Parsifal'), Marseille ('Lucrezia Borgia'), Nantes ('Lucia di Lammermoor' u.a.), Avignon und Montpellier. Seit seinem Auftreten 1994 und 1995 bei den Festspielen von Orange wird er von dem Dirigenten Michel Plasson gefördert. In Bonn trat Eric Martin-Bonnet mehrfach auf, wobei sein Don Fernando unter Marc Soustrot auf CD aufgenommen wurde.   

 

Abschiedsvorstellung an der Deutschen Oper Berlin

Der schwedische Bariton Ingvar Wixell, 1970 vom Berliner Senat zum Kammesänger ernannt, verabschiedet sich nach 35 Jahren Zugehörigkeit zum Opernhaus in der Bismarckstraße am Montag, den 9. November 1998, von seinem Berliner Publikum als Scarpia in Giacomo Puccinis 'Tosca'. Ingvar Wixell stammt aus Nordschweden und studierte an der Musikhochschule in Stockholm und erhielt sein erstes Engagement an der Königlichen Oper in Stockholm. Seine erste Opernpartie an der Deutschen Oper Berlin sang der schwedische Bariton als Guglielmo in Mozarts 'Cosi fan tutte' am 4. Dezember 1963, nachdem er am 8. November 1963 mit einem Liederabend am Hause debütiert hatte. Zu seinem Repertoire, mit dem er von Berlin ausgehend an allen bedeutenden Opernhäusern der Welt Karriere machte, gehören neben dem Scarpia u.a. Marquis Posa in 'Don Carlos', Carlos in 'Die Macht des Schicksals', Simon Boccanegra, Rigoletto, Amonasro in 'Aida' oder Falstaff. Neben der Klangfülle seiner Stimme war es vor allem auch seine hervorragende Darstellungskunst, wegen der er gefeiert wurde. "Ich liebe die Gestalten, die hinter der bösen Kraft auch die menschliche Tragödie aufscheinen lassen," hat er einmal gesagt.  Seine nächste neue Partie wird die Paraderolle der Mamma Agata in Gaetano Donizettis komischer Oper 'Viva la Mamma !' sein, die an der Stockholmer Oper in der Inszenierung von Winfried Bauernfeind am 20. Februar 1999 Premiere hat.


Opera Notes