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Vorschau - Oper Frankfurt - Premiere 2. September 2012

 Vanessa

Die Spielzeit 2012/13 der Oper Frankfurt eröffnet am 2. September mit der Vanessa von Samuel Barber (1910 – 1981). Die Inszenierung der Frankfurter Erstaufführung erfolgt durch Katharina Thoma, die musikalische Leitung obliegt Jonathan Darlington, der in Frankfurt sein Hausdebüt gibt.

 

Samuel Barbers Werk feierte 1958 an der MET Weltpremiere. Der Librettist Gian Carlo Monetti, selbst ein erfolgreicher Komponist und engster Freund Barbers, siedelte die Geschichte, die episodenhaft geschildert wird und bei der das Geschehen wie die genaue Vergangenheit und Zukunft der Protagonisten der Phantasie des Zuhörers überlassen bleibt, auf einem Landsitz im hohen Norden während der Winterzeit an. Vanessa (Charlotta Larsson), Ende dreißig, lebt mit ihrer Mutter, der alten schweigsamen Baronin (Helena Döse) und ihrer Anfang zwanzigjährigen Nichte Erika (Jenny Carlstedt), bei der die Vermutung nahe liegt, dass es Vanessas Tochter sein könnte, denn der Grund ihrer Rückkehr und der Gesprächsverweigerung ihrer Mutter bleibt unausgesprochen, in dem Herrenhaus mit einigen Bediensteten. Vanessa wartet seit zwanzig Jahren auf die Rückkehr ihres Geliebten und versucht alles, damit ihre Schönheit für ihn ‚konserviert’ bleibt. Als am Ende Anatol (Kurt Streit) sich ankündigt, muss sie bei seiner Ankunft erkennen, dass es nicht der Langersehnte ist, sondern sein gleichnamiger Sohn. Gleich in der ersten Nacht verführt der junge Mann Anfang zwanzig unbemerkt von Vanessa Erika, die ihn aber für zu unbeständig hält, um seinen Heiratsantrag anzunehmen. So wendet sich Anatol endgültig Vanessa zu. Beide beschließen nach ihrer Heirat nach Paris zu ziehen. Nach der Abreise des Paares bleibt Erika, die Anatol dennoch liebt, mit ihrer Großmutter, der alten Baronin, zurück, und beschließt auf die Rückkehr Anatols zu warten und befielt wie zuvor Vanessa, wieder alle Spiegel und Portraits zu verhängen.

 
Regisseurin Katharina Thoma

Für Regisseurin Katharina Thoma, die Klavier studierte und während ihres Studiums durch die Arbeit mit den angehenden Opernsängern Gefallen an der Oper und der Opernregie fand, ist es eine Rückkehr an die Frankfurter Oper, wo sie von 2004 bis 2008 als Regieassistentin tätig war. Die Vanessa-Produktion ist für die junge Regisseurin eine Schlüsselarbeit in ihrem Schaffen. Gemeinsam mit Julia Müer, die bei Vanessa für Bühnenbild und Kostüme verantwortlich ist, hatte sie bei einem Wettbewerb ein Regiekonzept für Rusalka eingereicht. In dessen Folge erhielten sie den Regie-Auftrag für Vanessa an der Oper Malmö und genau diese 2009 entstandene Inszenierung wurde von der Oper Frankfurt übernommen.

 

Ihr Regiestil ist von ihrer Arbeit an der Frankfurter Oper mit den britischen Regisseuren wie Richard Jones (Billy Budd) oder Keith Warner (La Cenerentola, Death in Venice) geprägt. „Ihre Arbeitsweise ist sinnlicher, während die ihrer deutschen Kollegen sehr analytisch ist. Das hat viel mit der deutschen Theatergeschichte in den Sechzigern und Siebzigern zu tun. Deutsche Regisseure möchten eine Botschaft senden und Dinge vermitteln, während britische Regisseure mehr unterhalten und verschiedene Sinne reizen wollen,“ so Thoma, „Es passieren viel mehr Dinge auf der Bühne. Die Musik hört auch nicht auf, sondern bleibt im Fluss, und so sollte auch auf der Bühne der Handlungsstrang nicht abreißen und keine Löcher entstehen. Ich lasse mich bei der Erarbeitung meiner Produktionen sehr stark von der Musik inspirieren und entwickele aus ihr die szenische Gestaltung.“

 
v.l.n.r. Jenny Carlstedt (Erika), Charlotta Larsson (Vanessa)

Der Inhalt der Oper, die musikalisch mehr der Spätromantik verhaftet ist als der Moderne des 20. Jahrhunderts, mag auf dem ersten Blick im Zeitalter der Emanzipation nicht mehr aktuell erscheinen, die Sehnsüchte der Menschen, insbesondere der Frauen, haben sich aber in den letzten hundert Jahren wohl kaum grundlegend verändert, wie sich anhand vieler unter Einsamkeit und Depressionen leitender Menschen zeigt. Für die Regisseurin ist die Hintergründigkeit des Werkes besonders interessant, „Das Stück ist ein Fundstück für jeden Psychologen. Es gibt bei jedem Satz mehrere Deutungsmöglichkeiten. Bei der intensiven Beschäftigung mit dem Text merkt man erst, wie viel Grausamkeit drinnen steckt, wie viele Themen wie Familie, Liebe, Treue, Ehrlichkeit bewusst oder unbewusst verletzend verhandelt werden. Das Stück bietet sehr viel Substanz und ist in meinen Augen ein Plädoyer für mehr Kommunikation untereinander.“

Für was steht für sie das Warten, „Es ist ein interessanter Zustand, der einerseits schwererträglich, andererseits aber ein Fluchtpunkt sein kann.  Man zieht sich ins Warten zurück, anstatt sein Leben anzupacken. Das Warten setzt die Zeit außer Kraft, indem man erhofft, sich selbst zu erhalten, sich als junge Frau einzufrieren. Es ist wie eine Verweigerung, hat aber auch etwas Meditatives. Für mich ist das Stück eine Studie über Verdrängung. So findet in Vanessas Kopf auch eine Vertauschung zwischen Vater und Sohn statt, aber es wäre ja auch zu schlimm für sie zu begreifen, dass sie zwanzig Jahre umsonst gewartet hätte. Selbst, wenn Vanessa fragt, will sie gar nicht die wahre Antwort hören, die sie unglücklich machen könnte. Sie fragt, um die Antwort zu erhalten, die sie bekommen will. Das macht diese Frau für mich so interessant.“

Txt: Birgit Popp, Photos  ©  Oper Frankfurt - Barbara Aumüller

Der Artikel wurde in der Frankfurter Neue Presse ( www.fnp.de ) veröffentlicht.

Weitere Informationen, Termine, Photos und Video: www.oper-frankfurt.de  

 

 

 

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