Ihre Eindrücke

Guillaume Tell an der Wiener Staatsoper

Am 24. Oktober 1998 hatte Gioacchino Rossinis Grand Opéra 'Guillaume Tell' (Wilhelm Tell) Premiere an der Wiener Staatsoper - eine Erstaufführung für Österreich in der französischen Originalsprache, allerdings gegenüber der Originalfassung in einer um eine Stunde gekürzten Version. Nachfolgend die Premiereneindrücke einer opera active-Leserin.

 

Das wenig gespielte Stück von Gioacchino Rossini wurde vom Publikum eher mäßig aufgenommen. Obwohl es für Sänger und Orchester viel Beifall gab, blieb selbiger für die Regie und die Inszenierung ziemlich schwach. Dennoch, würde ich die Oper nicht als 'durchgefallen' im eigentlichen Sinn betrachten. Ein Premierenpublikum spricht ja nicht unbedingt für den Geschmack des üblichen Opernbesuchers. Unter den Operfans gibt es viele, denen das Stück trotz der modernen, eigenwilligen Interpretation sehr gut gefällt, und die auch eine Spieldauer von 19 bis 23 Uhr hinnehmen.

Viel Applaus gab es auf jeden Fall nach einer grandios gespielten Ouvertüre für das Orchester unter der Leitung von Fabio Luisi, welcher auch den Rest des Abends über brillierte. Bariton Thomas Hampson spielte einen sehr überzeugenden Freiheitskämpfer 'Tell'. Er war stimmlich souverän und immer bühnenpräsent. Für mich der beste Mann des Abends !

An seiner Seite wurde Giuseppe Sabbatini als Arnold groß bejubelt, obwohl seine Stimme, leise und zaghaft, eher wie die eines 'Eunuchen' klang wie eines Tenors ! Aber laut Rossini soll das so sein und entsprach wohl den Anforderungen der Partitur. Dennoch, aus anderen Rollen ist er mir in besserer Erinnerung !

Auch die große Liebe zu Mathilde konnte mich nicht begeistern. Die Sopranistin Nancy Gustafson als Mathilde gab eine hübsche, engagierte Habsburgerin mit tadelloser Stimme ab, aber, vielleicht ist sie nicht unbedingt für Rossini die geeignetste Interpretin.

Dawn Kotoski, Gattin von Startenor Neil Shicoff, spielte Tells Sohn 'Jemmy'. Sie hat eine wunderbare, feine Stimme, die in dieser Partie leider zuwenig zum Einsatz kommt. Ihr schauspielerisches Talent  jedoch kam hingegen voll zur Entfaltung.

Gutes Zusammenspiel und Perfektion war auch beim Chor und dem Ballett zu finden. Beide trugen wesentlich zur positiven Gestaltung der Inszenierung bei, die manchmal ein wenig verspielt und naiv ist, aber mit guten Ideen für die Symbole von Krieg und Unterdrückung. Auch die Szene mit dem Apfel ist exzellent gelöst; Der Pfeil von Tell abgeschossen wird vom Volk auf Händen zum Apfel auf Jemmys Kopf getragen und dort plaziert.

Mein Fazit: Diese Oper lebt ohne Zweifel von ihren erstklassigen Interpreten. 

U.W.

 

Opera Notes