Interview

Ausschnitte aus dem Interview mit Petra Maria Schnitzer (Agathe) und Peter Seiffert (Max in der Inszenierung von Der Freischütz an der Bayerischen Staatsoper München)
Schnitzer und Seiffert
Petra Maria Schnitzer und Peter Seiffert.

Foto:
Wilfried Hösl
Einsteinstr. 171
81675 München

B.Popp: Sehr geehrte Frau Schnitzer, sehr geehrter Herr Seiffert, ich freue mich sehr, daß Sie sich heute nach der Generalprobe des Freischütz an der Bayerischen Staatsoper die Zeit für dieses Interview genommen haben. Ich weiß, Frau Schnitzer, Sie haben die Agathe auch bereits in Wien gesungen, aber Herr Seiffert, die wievielte Inszenierung ist es für Sie ?

P.Seiffert: Ich glaube eigentlich, daß Frau Schnitzer die Agathe öfters gesungen hat als ich. Aber es ist es für uns beide die erste Neuinszenierung. Auf der Bühne habe ich den Freischütz bisher nur in Wien in einer laufenden Produktion gesungen. Außerdem haben wir beide zusammen den Freischütz halbszenisch in der Santa Cecilia in Rom gemacht und das war sehr interessant. Und es gibt Schallplatten, da bin ich leider nur alleine drauf. Die habe ich aufgenommen, bevor ich die Partie überhaupt das erste Mal auf der Bühne gesungen habe. Also so sehr Freischütz-erfahren sind wir eigentlich beide nicht.

P. Schnitzer: Ich habe nur dreimal vorher Agathe gesungen und auch in einer laufenden Produktion.

B.P.: Wie haben sich Ihre Vorstellungen von der Rolle mit dem, was letztendlich auf der Bühne zu sehen ist, übereinbringen lassen. Ist das die Vorstellung, die Sie von der Rolle im Kopf hatten ?

P.Schnitzer: Also ich muß sagen, da ist die Arbeit mit dem Regisseur Thomas Langhoff wirklich sehr, sehr gut, weil die Personen, die er für seine Stücke auswählt, meistens rollendeckend sind. Man muß sich nicht verstellen. Man muß nicht irgend etwas dazu tun oder weglassen. Er versucht wirklich die Person, die man ist, mit hineinzunehmen in die Inszenierung. Insofern gab es da überhaupt keine Probleme, daß man sich etwas abringen muß. Oder was gegen sein Gefühl tut, oder einen Charakter spielt, der man nicht ist. Das ist wirklich nicht vorhanden, dieses Problem.

B.P.: Mein persönlicher Eindruck ist, daß die romantische Stimmung der Oper sehr gut herüberkommt. In manchen Teilen ist das Bühnenbild etwas abstrahiert, aber insgesamt gesehen fand ich es sehr stimmungsvoll. Und auch der eigentliche Gedanke, das Übersinnliche, was ja ein ganz wichtige Part ist  ..

P.Seiffert: Die Phantasie, die in den einzelnen Szenen durchkommt. Ich finde, das kann man gut so annehmen. Aber, wie das wirklich aussieht von außen, das können Sie sicherlich besser beurteilen als die Beteiligten auf der Bühne.

P. Schnitzer: Nur rein vom Gefühl her, es ist nicht gegen den Strick gekämmt und das spürt man und das hilft uns sehr. Auch von den Kostümen. Also ich fühle mich wirklich ganz wohl in meinen Kostümen und das ist schon ein großer Teil. Weil, wenn man sich identifiziert mit der Person, dann geht man auf die Bühne und ist es und spielt es eigentlich nicht mehr. Man fühlt sich einfach als die Person.

B.P.: Und wie würden Sie beide den Gedankengang beurteilen. Ich denke der Gedanke ist eigentlich sehr modern, daß ein Mensch, der sich in Prüfungsangst befindet, durchaus schwach werden kann.

P.Schnitzer: Ich glaube gerade diese immer aktuellen menschlichen Probleme waren die Herausforderung auch für den Regisseur Thomas Langhoff, der natürlich die Beziehungen wieder gut inszenieren konnte. Und Menschen zeigen mit echten Gefühlen, mit Schwächen und Stärken und das glaube ich vermittelt sich schon gut.

B.P.: Wie empfinden Sie den Singspielcharakter, die Abwechslung zwischen gesprochenem und gesungenem Text. Ist das für Sie eine besondere Schwierigkeit im Vergleich zu einer durchkomponierten Oper ?

P. Schnitzer: Ja, absolut.

P. Seiffert: Es ist vielleicht die Schwierigkeit in solchen Stücken überhaupt.

P. Schnitzer: Sehr, sehr ungewohnt. Der Unterschied zur durchgesungenen Oper ist, dort braucht man die Melodie nicht suchen, die ist vorgegeben, die ist vom Komponisten da. Aber, wenn der gesprochene Text dazukommt, da mußt Du das aus Dir selber schöpfen. Diese Melodie, diesen Rhythmus, den Duktus herüberzubringen.

B.P.: Und stimmlich gesehen wahrscheinlich auch anstrengender für Sie als zu singen oder ?

P. Schnitzer: Das Haus hat eine sehr gute Akustik.

P. Seiffert: Nicht unbedingt. Es ist ein wenig schwierig, die Farbe zu finden des Dialoges. Man spricht natürlich auf der Bühne lauter, als wenn man jetzt so im Zimmer sitzt . Bei uns Sänger kommt leicht durch die Technik und die Lautstärke so ein bißchen das Singen mit raus. Das ist das Furchtbare. Das wegzukriegen, ist, glaube ich, das größte Problem für einen Sänger bei gesprochenen Dialogen.

P. Schnitzer: Ja, genau, das ist es. Und dann kann es oft passieren, um das zu vermeiden, spricht man ein bißchen tiefer, drückt aber dadurch auf die Stimme, die Du ein paar Takte später zum Singen brauchst.

B.P.: Ich kann mir schon vorstellen, daß es sehr schwierig ist, was Sie eben sagten, daß man nicht ins Rezitativ hineinkommt.

P. Schnitzer: Genau.

P. Seiffert: Genau, das es also nicht diesen unnatürlichen Ton bekommt und dieses gesungene Gesprochene. Da muß man höllisch aufpassen. Das ist vielleicht die Schwierigkeit dabei. Die echte für einen Sänger, daß es immer irgendwie normal und natürlich bleibt.

B.P.: Wir hatten eben schon 'Die verkaufte Braut' als eine weitere Zusammenarbeit von Ihnen beiden angesprochen, hatten Sie ansonsten schon in weiteren Stücken u.a. auch in Wien auf der Bühne gestanden oder werden stehen ?

P. Seiffert: Konzertant haben wir öfters zusammen gesungen. Verschiedenes, auch Operette.

P. Schnitzer: In Wien gibt es im November auch einen gemeinsamen Freischütz.

B.P.: Bevor ich etwas näher noch auf Frau Schnitzer eingehe, die von Ihnen beiden sicherlich die noch etwas Unbekanntere ist, würde ich gerne  noch etwas zu Ihren Zukunftsplänen erfahren, Herr Seiffert.

P.Seiffert: Ich bin jetzt ein bißchen länger in München. Als nächstes kommt auch wieder in München im Januar eine Neuinszenierung vom Lohengrin mit Götz Friedrich als Regisseur. Da freue ich mich schon sehr darauf. Und ich wäre also wahnsinnig glücklich, wenn auch die Petra Maria Schnitzer sich bald mal die Elsa vorknöpfen würde und da mal schaut, ob das etwas für sie ist. Ich denke schon, daß ich als älterer, ein Hauch erfahrener Kollege sagen kann, daß die Elsa eine ganz wunderbare Partie sein könnte für sie. Ich persönlich glaube, die Elsa ist leichter zu singen als die Agathe. Das ist meine echte Überzeugung.

P. Schnitzer: Das Gefühl habe ich auch.

P. Seiffert: Also, dann schau' es Dir mal an.  Ich danke vielmals und schöne Grüße an alle Leser weltweit.

B.P.: Danke. Ja, Frau Schnitzer. Wie schon gesagt, ich würde ganz gern noch etwas mehr zu Ihrer Person kommen. Sie sind in Wien geboren, hatten Sie schon familiären Bezug zur Musik ?

P. Schnitzer:  Mein Vater, war von Beruf kein Musiker, aber großer Wagnerianer. Ich habe mich nie so mit dem Gedanken getragen, unbedingt Sängerin zu werden, das ist erst später gekommen. Angefangen habe ich eigentlich mit Schauspiel. Ich war ein Jahr am Mozartdeum, am Schauspielseminar. Im Zuge dieser Ausbildung gibt es natürlich auch Gesangsunterricht und erst da hat man mir angeraten, ich sollte doch mal an der Gesangsabteilung vorsingen. Ich habe dann ein Jahr später tatsächlich umgesattelt und bin ganz weg vom Schauspiel. Ich habe bei Frau Kammersängerin Lipp in Salzburg angefangen zu studieren. Das war '82.

B.P.: Und Sie hatten auch bei Walther Berry Unterricht gehabt.

P.Schnitzer: Ich hatte Unterricht bei Walther Berry, das war aber viel später. Ich hatte an die Wiener Musikhochschule gewechselt und habe bei Walther Berry die Lied-Klasse abgeschlossen.

B.P.: Und seit der Saison '95/'96 waren Sie für drei Jahre Ensemblemitglied an der Wiener Staatsoper. Eine der Opern, mit der Sie an vielen Häusern debütiert haben, ist die Gräfin, la Contessa, in 'Le nozze di Figaro'. U. a. 1994 in Dresden an der Semperoper und, an der Hamburger Staatsoper.

P. Schnitzer: Ja ich habe auch mit der Gräfin hier an der Münchner Staatsoper debütiert, damals mit einem Gastspiel der Bayerischen Staatsoper in Bayreuth.

B.P.: Das war auch 1995. Und, dementsprechend mit so vielen Debüts an den verschiedenen Häusern mit der Gräfin, hat diese Rolle für Sie eine ganz besondere Bedeutung bekommen ? Oder war es nur Zufall ?

P. Schnitzer: Nein, das war absolut kein Zufall. Die Gräfin hat schon insofern Bedeutung, weil sie auch meine allererste Rolle war, die ich in der Hochschule gesungen habe und damit auch auf Tournee gegangen bin - bis nach Japan. Es war für mich insofern eine wirklich große Herausforderung, weil es in der Hochschule keine Gräfin gegeben hat. Normalerweise geht man den Weg zur Gräfin über die Susanna, aber bei mir war es ebenso, ich habe gleich mit der Gräfin begonnen und dann war ich einfach die Gräfin. Auch vom Typ her habe ich mich selber immer ein bißchen mehr zum Elegischen hingezogen gefühlt. Wobei man da natürlich keinen Fehler machen soll, die Gräfin ist nicht nur elegisch, die ist auch lustig und ist eigentlich ein junges Mädchen. Aber insofern ist mir die Gräfin schon im Blut von der Hochschule her und ich liebe diese Partie, sie ist wunderbar.

B.P.: Und welche Partien schweben Ihnen für die Zukunft vor ?

P. Schnitzer: Die Frage ist ganz leicht zu beantworten. Ich habe wirklich das Glück, daß ich schon alle Partien singe, die ich immer singen wollte. Womit ich mich identifizieren kann, wo ich ganz aufgehen kann in der Rolle. Was vielleicht noch ein Traum wäre, ist Evchen in den Meistersingern und ein bißchen weiter im deutschen Fach.

B.P.: Wir hatten das Thema Wagner ja eben schon angesprochen, können Sie sich da vermehrt eine Zukunft vorstellen ?

P. Schnitzer: Ja, ich fühle mich schon wirklich zum deutschen Fach hingezogen und wer weiß, 'Arabella' hat es ja schon gegeben und das liegt mir wirklich auch ganz gut, da bin ich wirklich zu Hause, auch vom Sprachlichen her. Arabella und Wagner, die Elsa könnte ich mir schon vorstellen, daß das mal kommt.

B.P.: Was sind Ihre nächsten Engagements, auf die Sie sich besonders freuen ?

P. Schnitzer: Zum einen bin ich sehr glücklich, in München jetzt verstärkt eingesetzt zu sein. Also ich werde hier auch Rosalinde singen und Gutrune kommt und zum anderen, was ich vorhin schon gesagt habe, in Wien die Donna Elvira im Juni '99.

B.P.: Und, Petra Schnitzer etwas privater betrachtet, haben Sie Hobbies, bleibt dazu Zeit ?

P. Schnitzer: Ja, ich habe viele Hobbies. Singen ist schon wirklich ein großer Teil meines Lebens, aber es ist bestimmt nicht alles. Was ich also sehr liebe, ich male zu Hause. In der letzten Zeit bin ich weniger dazugekommen. Das ist ja klar, jetzt mit den anstrengenden Proben, da ist man einfach froh, wenn man nach Hause kommt und sich hinsetzen und ein Gläschen Wein trinken kann. Aber ich male und das ist mir eine große Hilfe und Erfüllung.

B.P.: Was malen Sie ?

P. Schnitzer: Ich habe viele Jahre nur Aquarell gemalt, aber ich habe vor einem Jahr mit Öl begonnen und bin davon ganz begeistert. Leider mangelt es oft an geeigneten Objekten. Ich male viele Blumen, weil man Blumen natürlich überall kaufen kann und sehen kann. Aber es interessiert mich eigentlich der Mensch und jetzt kommen schon langsam verstärkt die Figuren.

B.P.: Also könnte es auch durchaus sein, daß eine Petra Maria Schnitzer auch einmal das Bühnenbild entwirft oder die Kostüme ?

P. Schnitzer: Das könnte ich mir gut vorstellen. Also ich hätte schon viele Ideen. Ich habe schon so viele Bilder zu Hause, daß ich mich tatsächlich mit dem Gedanken trage, sie mal auszustellen oder dies vielleicht sogar zu verbinden mit einem Abend, wo gesungen wird, wo etwas gelesen wird.

B.P.: Ja, das wäre eine schöne Idee. Ich bedanke ich mich ganz herzlich für das Gespräch.

 

Das Gespräch führte Birgit Popp.

Jede gewerbliche Nutzung der Texte von `opera active' unterliegt den Copyright-Bestimmungen. Die Anfertigung von Kopien ist ausschließlich für den privaten Gebrauch zulässig. Alle Angaben ohne Gewähr.


Opera Notes