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November 2000 -Wiener Staatsoper

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Die Wiener Staatsoper im November und Dezember 2000

Teil 1 - November   Teil 2 - Dezember

Don Carlo - Il trovatore

Selten zuvor in ihrer Geschichte dürfte die Wiener Staatsoper eine solche Krankheits- und Absagewelle erlebt haben wie im November und Dezember 2000. Es gab Vorstellungen wie die Bohème am 17. Dezember, bei denen drei Hauptpartien anders besetzt waren, als der Monatsspielplan es vorgesehen hatte. Hinzukommen die Vorstellungen, in denen die Künstler trotz Indisponiertheit gesungen haben, zum Teil noch oder wieder zu früh. Das ging soweit, daß der Zuhörer Angst haben mußte, daß der Stimme lang anhaltender oder gar dauerhafter Schaden zugefügt würde. Die wohl kurioseste Auswüchse nahm die Situation am 18. Dezember bei Roberto Devereux an. Mittlerweile war auch Yu Chen, das Cover von Carlos Alvarez erkrankt, so wurde ein Cover fürs Cover besorgt. Auch dieser Bariton verlor während des ersten Aktes seine Stimme. Um die Vorstellung zu retten, sprang der erkrankte Carlos Alvarez in der Pause ein. Er machte das Beste daraus. Es klang nicht mehr so stimmörderisch wie noch vier Tage zuvor, als er wegen des erkrankten Chen sich bereiterklärt hatte zu singen und nur mir ärztlicher Hilfe die drei Akte durchstand, aber dennoch, es war nicht zu überhören, daß der an Bronchitis erkrankte Sänger seiner Stimme besser noch ein paar Tage Ruhe gönnte. Fast wäre aus der vierten Roberto-Devereux-Vorstellung ohnehin eine Lucia di Lammermoor - eine weitere Glanzpartie von Edita Gruberova - geworden, denn auch Ramón Vargas (Roberto Devereux) war von Erkältung geplagt und hatte eigentlich schon die Vorstellung am 18. November abgesagt. Auch sein Cover Keith Ikaia-Purdy konnte nicht singen. Am Ende erklärte sich Ramón Vargas doch bereit, die Vorstellung zu geben. Sein Tenor erklang trotz Erkältung sehr schön und man mußte seine Stimme schon recht genau kennen, um die Passagen zu entdecken, bei denen er mit Vorsicht sang. Offensichtlich hatte für ihn sein Auftritt am 18. November keine negativen Folgen und der Genesungsprozeß verlief schnell und positiv.

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Carlos Alvarez als Posa

Der 100. Todestag von Giuseppe Verdi am 27. Januar 2001 nähert sich und schon die zweite Novemberhälfte bot mit Don Carlo (statt Mefistofele ins Programm genommen) und Il trovatore Verdianisches (neben Tosca, Fidelio, Der Rosenkavalier, Lohengrin und Der fliegende Holländer). In der Don Carlo-Aufführung am 21. November 2000 ragten vor allem zwei Protagonisten hervor: Carlos Alvarez - noch gesund und gleichzeitig in Wien für den Roberto Devereux probend - als Marquis von Posa und Miriam Gauci als Elisabeth von Valois, die beide mit ihren ausdrucksvollen, technisch hervorragenden, äußerst geschmeidigen, warmen Stimmen und ihrer Bühnenpräsenz Herausragendes gaben. Die Sänger/innen der anderen Hauptpartien boten gute und solide Leistung, doch konnte man sich vor der Pause nicht dem Eindruck erwehren, daß sie im ersten Teil mit ihren Kräften etwas haushalteten, um sie für den zweiten Teil der Vorstellung etwas zu schonen.

Beeindrucken konnte Roberto Scandiuzzi als Philipp II. mit seinem imposanten und doch zugleich gefühlvollen Bass im Duett mit Carlos Alvarez, aber vor allem in seinem Monolog. Auch Waltraud Meier gewann nach der Pause an Intensität, während man sich von Kurt Rydl als Großinquisitor mehr Schwärze in der Stimme und eine stärkere Bühnenpräsenz gewünscht hätte. Ihm fehlte zumindest an diesem Abend etwas das Bedrohliche. Keith Ikaia-Purdy bot eine solide, höhensichere Leistung, seiner Stimme fehlte jedoch eine gewisse Brillanz. Sehr gut gefiel Goran Simic als Mönch bzw. Karl der V. mit seinem sonoren, machtvollen Baß, dem man wünschte, auch mehr in größeren Partien eingesetzt zu werden. Engelsgleich kam die Stimme von Tatiana Lisnic vom Himmel, gefallen konnte auch Renate Pitscheider als Page Tebaldo und John Nuzzo als Graf Lerma/Herold. Das Orchester der Wiener Staatsoper bot eine ansprechende, geschlossene Leistung unter dem manchmal zum Dehnen neigenden Dirigat von Janos Kulka. Alles in allem war es ein gelungener Abend, bei dem die historische Inszenierung durch Pier Luigi Pizzi, der sich für Regie, Bühnenbild und Kostüme verantwortlich zeigte, immer wieder aufs neue faszinieren kann.

Nur einen Abend später stand mit Il trovatore erneut eine Verdi-Oper auf dem Programm. Es ist selten, daß eine Ansage mit einem Lächeln erfolgt - der Chefdramaturg der Wiener Staatsoper Christoph Wagner-Trenkwitz tat es an diesem Abend und dies gleich zweifach: Der Bariton-Star Leo Nucci sprang zur Begeisterung des Wiener Publikums für den erkrankten Haus-Bariton Georg Tichy ein, Mihoko Fujimura für die ebenfalls erkrankte Larissa Diadkova, die am 22. November 2000 ihr Hausdebüt als Azucena hätte geben sollen.

Leo Nucci setzte diesem Abend als Graf Luna ein betörendes Glanzlicht auf. Er besaß mit Mihoko Fujimura (Azucena) und Ines Salazar (Leonora), die beide an diesem Abend ihr Rollendebüt an der Wiener Staatsoper gaben, und Janez Lotric als Manrico drei Mitstreiter an seiner Seite, die allessamt sehr gut disponiert waren. Ines Salazar verströmte Wohlklang mit sicheren Höhen und feinen Piani. Die bereits erfolgreich als Brangäne in Tristan und Isolde früher im Oktober eingesprungene Mihoko Fujimura konnte mit der ganzen Bandbreite eines Mezzos mit ihrer wohltimbrierten, sicher geführten Stimme auch als Azucena überzeugen. Als Manrico präsentierte sich Janez Lotric ebenfalls in stimmlicher Hochform mit guter Linie, metallischen, sicheren Höhen, lyrischer Intensität und kraftvoller Stretta. Gut besetzt waren auch die kleineren Partien mit Goran Simic (Ferrando), Stella Grigorian (Ines) und John Nuzzo (Ruiz).

Der Staatsopern - Chor - eindrucksvoll der Chor der Schmiede und der Nonnen - und das Orchester unter der Leitung von Arthur Fagen trugen ebenfalls ihren Anteil zum musikalischen Gelingen des Abends bei. Die Inszenierung von István Szabó mit dem Bühnenbild von Attila Kovács, das in der im Krieg zerstörten Wiener Staatsoper spielt und im letzten Akt einen drohend über alles schwebenden Bomber am Himmel aufweist, und den Kostümen von Györgyi Szakács läßt allerdings wenig romantische Stimmung vom spanischen Mittelalter aufkommen.

Birgit Popp

Teil 2 - Dezember 2000

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