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Griechische Passion - Greek Passion Entstehung und Musik

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Bregenz, Festspielhaus, Premiere 20. Juli 1999, Teil 2

Greek Passion

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Priester Grigoris (Esa Ruuttunen), Photo: Miro Kusmanovic
Text von Birgit Popp

Die Entstehung und Musik

Ursprünglich hatte die Uraufführung der ersten Fassung der 'Griechischen Passion' oder der 'Greek Passion', wie sie im Orginaltitel heißt, bereits 1957 am Royal Opera House Covent Garden in London stattfinden sollen. Doch ein dreiköpfiges Berater-Team lehnte die Oper damals gegen den Willen Rafael Kubeliks ab. Die Vorlage für den Stoff hatte Nikos Kazantzakis Roman 'Der wiedergekreuzigte Jesus' geliefert. In ihm werden in einem griechischen Dorf an Ostern die Darsteller für das alle sieben Jahre stattfindende Passionspiel im nächsten Jahr ausgewählt. Immer stärker verinnerlichen die Darsteller ihre Rollen. Der zum Jesus-Darsteller auserkorene Hirte Manolios, seine Apostel und Maria Magdalena leben Nächstenliebe vor, als Flüchtlinge in ihr Dorf kommen und diese von den anderen Dorfbewohnern abgewiesen werden. Am Ende ist Manolios, der selbst zu predigen begonnen hat, der Amtskirche ein Dorn im Auge geworden und wird auf Anweisung des Priesters Grigoris (Esa Ruuttunen) ermordet.

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Das Bühnenmodel, Photo: B.Popp Agfa ePhoto 1680

Zum von Martinù selbst verfaßten Libretto hatte der Autor seine ausdrückliche Zustimmung gegeben. Es heißt, ursprünglich hätte Martinù 'Alexis Sorbas' vertonen wollen, doch dieser Roman von Kazantzakis hätte sich als zu sperrig für ein Opernlibretto erwiesen. Zwei Jahre nach der Ablehnung durch Covent Garden begann Martinù die erste Fassung völlig zu überarbeiten, entfernte viele der Rezitative, so daß die Oper arioser und um rund eine halbe Stunde kürzer als die Originalfassung wurde. Zu dieser Umarbeitung hatte sein Schweizer Freund Paul Sacher den Komponisten bewegt. Martinù starb noch vor der Uraufführung seiner 16. Oper 1959 an Magenkrebs. Im Juni 1961 wurde die 'Griechische Passion' in der zweiten Fassung unter dem Dirigat von Paul Sacher am Zürcher Opernhaus uraufgeführt und wurde seitdem auch an mehreren anderen Bühnen gespielt. Die erste Fassung hatte Martinù jedoch nicht vernichtet, sondern einzelne Partiturbögen an Freunde verschenkt. In akribischer Kleinarbeit wurde nun in den letzten Jahren durch den Martinù-Forscher und Vorsitzenden der Prager Martinù-Stiftung Ales Brezina und dem Bregenzer Produktionsteam um Dirigent Ulf Schirmer und Regisseur David Pountney die erste Fassung rekonstruiert und die in den verschiedenen Ländern verstreuten Partiturteile wieder zusammengetragen. Einige kleinere Passagen wurden im Stile Martinùs bearbeitet, so daß die Bregenzer gerne von einer Bregenzer Fassung sprechen, die aber letztendlich fast identisch mit der ersten, der Covent Garden vorgelegten Fassung ist. Und Martinù widerfährt, wenn auch erst vierzig Jahre nach seinem Tod eine späte Genugtuung: die Bregenzer Produktion entstand in Kooperation mit Covent Garden und wird dort zur Aufführung kommen - und so erfüllt sich nach vier Jahrzehnten das damals diplomatisch formulierte Ablehnungsurteil des Vorstandes der Covent Garden, "Accepted the Sub-Committee's view that Covent Garden should not attempt to secure the world premiere of the new Martinù opera, but should consider producing it at some time later."

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Das Bühnenmodel, Photo: B.Popp Agfa ePhoto 1680

Einige der wichtigsten Unterschiede der ersten Fassung im Vergleich zur zweiten sind, daß die dramatisch handelnden Personen plastischer geschildert sind, daß eine weniger starke Konzentration auf den positiven Helden Manolios und den ariosen Passagen erfolgt, statt dessen wird in der ersten Fassung dem Kern der Geschichte - die Wandlung de einfachen Hirten Manolios zu einem selbstbewußten Anwalt der ausgestoßenen Flüchtlinge - einen breiteren Rahmen gegeben. Mit seiner sehr persönlichen Variante des durchkomponierten Rezitativs, das sehr lebendig und musikalisch selbständig wirkt, gibt Martinù den Personen und Situationen eine präzise Charakterisierung. Ein weiterer deutlicher Unterschied ist der Schluß der Oper. Die zweite Fassung endet mit dem Tod Manolios, während die erste Fassung noch fast zwanzig Minuten länger spielt und einen Funken der Hoffnung auf mehr Menschlichkeit für die Zukunft aufkommen läßt.

Martinùs Musik ist sehr vielschichtig, vereint zahlreiche unterschiedliche Stile, deren rasche Abfolge Spannung erzeugt und die Handlung in atemberaubendem Tempo fortschreiten läßt, das die  zwingende Notwendigkeit der unaufhaltsamen Tragödie unterstreicht. Die Handlungen laufen oft in Realzeit ab. Neben wenigen, lyrischen Arien besteht die Oper vor allem aus Rezitativen, die in zwei musikalischen Formen dargeboten werden, und großen Chor- und Ensembleszenen. Die kirchliche Musik stellt ebenfalls ein tragendes Element dar. Außerdem enthält die Oper in einigen Szenen wie der Hochzeit   folkloristische Klänge. Die klar differenzierte Wahl der Ausdrucksmittel ist bis ins Detail an der Handlung orientiert. Die breite Palette seiner Ausdrucksmittel reicht vom Sprechen bis zum ariosen Gesang, von einer Soloharmonika bis zur neoimpressionistischen Klangpracht des gesamten  Orchesters, von einer schlichten, sehr persönlich gefärbten Tonalität bis zur Atonalität.   Für die Rezitative verwendet MaRtinù zwei unterschiedliche Techniken der Sprachmelodie, die eine ist am Tonfall orientiert, die andere an den Psalmgesängen der Kirche (Psalmodisieren).  

Teil 1 - Griechische Passion - Wirkung

Teil 3 Griechische Passion - Inszenierung und Besetzung

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