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Otello - La Maestranza Sevilla

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Teatro de la Maestranza, Sevilla, Premiere 25. Oktober 2002

Impressionen und Inhalt Teil 1  -  Teil 2 Teil 3

Otello

Ein ungewöhnlicher Anblick bei einer Premiere ! Orchsterstreik in Sevilla

Photos: Teatro de la Maestranza, Birgit Popp Text: Birgit Popp

Sicherlich hätte sich Carlos Álvarez sein szenisches Debüt als Jago in Verdis Otello unter weniger dramatischen Umständen und Aufregungen gewünscht, als dies am 25. Oktober 2002 im spanischen Sevilla der Fall war. Eine großartige Leistung des spanischen Baritons wurde es dennoch. Aber der Reihe nach: Ausgerechnet für die vier angesetzten Otello- Vorstellungen hatte das Sinfonieorchester von Sevilla, das nicht zum Opernhaus Teatro de la Maestranza gehört, dies aber als seine Spielstätte für rund 40 Sinfoniekonzerte pro Saison neben seinem Engagement für die Opernaufführungen am Hause nutzt, einen Streik angekündigt. Er hätte bedeutet, daß sämtliche Otello-Vorstellungen abgesetzt werden müßten. Um dies zu umgehen, ließ der Direktor des Opernhauses alle Vorstellungen um einen Tag verschieben, in der Annahme, daß damit der Streik abgewendet sei. Nach spanischem Recht müßte der Streik mindestens zwei Wochen vorher angemeldet sein, sonst sei er illegal. Dieser Umstand störte allerdings rund fünfzig Prozent der Orchestermitglieder wenig. Sie verschoben die Streikdaten kurzer Hand ebenfalls um einen Tag. Am Premierenabend erschien zwar etwas mehr als die Hälfte der Orchesterbesetzung, damit konnte jedoch keine Oper gespielt werden und so wurden auch sie wieder nach Hause geschickt.


Der Retter der Premiere:
Leonardo Catalanotte
 Der spanische Dirigent Jesús López  Cobos stimmte jedoch einer Aufführung nur mit Piano- Begleitung zu und rettete damit gemeinsam mit dem Pianisten Leonardo Catalanotte, der eigentlich als Korrepetitor und Dirigent der Bühnenmusiker engagiert war,  die Premiere. Das aus den Trompeten bestehende Bühnenorchester wurde choreographisch umplaziert und von Chordirektor Valentino Metti mitdirigiert und Leonardo Catalanotte war wie bei den Klavierproben die einzige Begleitung der Sänger mit einem im Orchestergraben neben dem Dirigenten plazierten Flügel.  
Nur etwa zehn Prozent der Zuschauer, denen es von der Theaterleitung freigestellt worden war, der Vorstellung beizuwohnen oder sich ihr Eintrittsgeld an den Kassen zurückgeben zu lassen, verließen das Haus. Freunde hat sich das Seviller Sinfonieorchester mit dieser Aktion nicht geschaffen. Als es bei der zweiten Vorstellung dann doch aufspielte, hagelte es beim Schlußapplaus, als Jesús López Cobos von der Bühne aus die Orchestermitglieder aufforderte; für den Applaus aufzustehen, eine gehörige Portion an Buhrufen.


Carlos Álvarez als Jago
Der Star der Vorstellungen war ohne Frage Carlos Álvarez, dessen szenisches Debüt als Jago in Spanien mit großer Aufmerksamkeit verfolgt wurde. Und, ob mit oder ohne Orchester, es war eine glanzvolle Premiere für den Sänger aus Málaga, mit dessen Bühnenpräsenz und stimmlichen Qualitäten nur wenige Sänger konkurrieren können. Daß seine Popularität in Spanien und nicht nur hier sondern u.a. auch in Wien heute, mit nur einem Drittel an Bühnenjahren, dicht an der von Plácido Domingo heranreicht, kommt nicht von ungefähr, was auch die menschliche Seite einschließt.  Daß Carlos Álvarez, den man sonst eher in den positiven Charakteren wie des Marquis de Posa in Don Carlos oder des Carlos in Ernani gewöhnt zu sehen ist, als Jago an Henry Fonda in 'Spiel mir das Lied vom Tod' erinnert, verwundert auch nicht. Abgrund tief böse und trotzdem Sympathieträger ....
Aber dies liegt nicht nur an seiner Person, sondern auch an seiner Rollenauffassung, "Jago muß ein ruhiger, stiller Charakter sein, in dem man das Böse nicht gleich vom ersten Augenblick an erkennt. Nicht seine äußere Erscheinung spiegelt das Böse wieder, sondern sein Handeln. Sein Inneres ist böse." Stimmlich liegt Carlos Álvarez wie alle Verdi-Partien die Rolle sehr. Er kann z.B. im Trinklied des ersten Aktes sein hervorragendes Rhythmusgefühl zur Geltung bringen oder wie im Credo des zweiten Aktes sein gekonntes Wechselspiel zwischen Piani einerseits und Forte-Ausbrüchen anderseits.


Rank Porretta
Jago ist der eigentliche Protagonist der Oper, auch, wenn Verdi und sein Librettist Arrigo Boito an Shakespeares Otello-Titel festgehalten haben. Otello selbst wird von dem US-amerikanischen Tenor Frank Porretta in Szene gesetzt. Der Julliard-Absolvent kann auf eine für einen Opernsänger eher ungewöhnliche musikalische Karriere blicken, da er als Musical- und Rocksänger begonnen hat, bevor er seine Stimme seit Ende der neunziger Jahre ohne Mikrofon auf der Opernbühne zur Entfaltung bringt.  
Mit der Partie des Mohr von Venedig, den er bereits an kleineren amerikanischen Häusern verkörpert hat, gab Frank Porretta, der zu seinem bisherigen Repertoire Cavaradossi (Tosca), Kalaf (Turandot), Radamés (Aida) und Manrico (Il travatore) zählt und zukünftig u.a. auch in Andrea Chernier und La bohème auf der Bühne stehen wird, sein Europa-Debüt. Mit einer stoischen Ruhe, die eher ungewöhnlich für einen Tenor erscheint, hält er es auch für ganz selbstverständlich, daß eine Partie wie Otello, die für viele Tenöre als Krönung am Ende ihrer Karriere steht, von ihm schon ganz zu Beginn seiner operalen Laufbahn interpretiert wird, "Stimmlich ist die Rolle für mich nicht so schwierig. Ich kann mich gut in den Charakter von Otello hineinversetzten, auch, wenn er meinem eigenen nicht nahe kommt, und ich liebe Verdi." Der hünenhafte New Yorker wartet aber noch mit weiteren Überraschungen auf: seine Piani sind äußerst sensibel, gefühlvoll und mit schöner Stimme vorgetragen und auch in der Darstellung einfühlsam.

 


Hasmik Papian
An seiner Seite steht als seine Ehefrau Desdemona die in Wien beheimatete, gebürtige Armenierin Hasmik Papian. Die an allen großen Opernhäusern der Welt gefeierte Sopranistin trägt die Ballade von der Weide und ihr Gebet im vierten Akt kurz vor ihrem gewaltsamen Tod durch Otellos Hand sehr anmutig und mit berührender Stimme vor. Zugleich ist sie aber auch eine starke Frau, die ihre, in ihren Augen gerechte Sache, nämlich die Wiedereinsetzung Cassios in seinen Rang als Kapitän, vehement und unbeirrt bei Otello vorträgt. Eine Frau, die weiß, was sie will, und nicht nur das gefügige Eheweib ist. Dieser Umstand wird ihr letztendlich zum tödlichen Verhängnis, ohne zu wissen weshalb.
Der von Jago als Liebhaber Desdemonas denunzierte und mittels falscher Beweise scheinbar überführte Cassio bringt mit Ángel Rodríguez einen jungen, spanischen Tenor auf die Bühne, dessen Stimme von schönem Klang, klaren Höhen, guter Linienführung und Tragfähigkeit geprägt ist. Es wäre wünschenswert, ihn auch in größeren Partien vermehrt zu hören. 

Carlos Álvarez und Ángel Rodríguez

Mit machtvollem, angenehm temperiertem Baß wartete Stefano Palatchi als venezianischer Gesandte Lodovico auf. Alle kleineren Partien waren mit dem Tenor Vicenc Esteve Madrid als Roderigo, dem Bariton Juan Tomás Martínez, der zugleich für den Fall der Fälle auch das Cover für Jago gewesen wäre, als Montano, dem Baßbariton Fernando Latorre als Herold und die Mezzosopranistin Marina Pardo als Emilia ebenfalls ansprechend besetzt.

Fernando Latorre, Vicenc Esteve Madrid, Leonardo Catalanotte (v. l.)

Der Chor hatte seine von Valentino Metti gut einstudierten, hervorstechenden Auftritte mit großem Klangvolumen im ersten Akt und voller huldigender Zartheit zu Ehren Desdemonas im zweiten Akt. Der musikalische Leiter Jesús López Cobos, der in der kommenden Spielzeit die Stelle des Generalmusikdirektors am Teatro Real in Madrid übernehmen wird, arbeitete die Dynamiken und vor allem die Pianissimi der Partitur mit großem Einfühlungsvermögen präzise heraus und bot - sofern vorhanden - mit dem Sinfonieorchester von Sevilla einen klangvollen Spannungsbogen. Ein besonderes Bravo gilt aber auch an dieser Stelle dem italienischen Pianisten Leonardo Catalanotte, der zum Retter der Premiere wurde.

  Birgit Popp

 

Otello

Oper in vier Akten/Opera in four acts

Musik/Music: Giuseppe Verdi (1813 - 1901)

Libretto: Arrigo Boito (1842 - 1918)
basierend/based auf/on William Shakespeare's Othello

 

Dirigent/Conductor

  Jesús López Cobos

Regisseur/Stage director

  Nicolas Joel

Ausstatter/Designer

  Ezio Frigerio

Licht/Lightning

  Vinicio Cheli

Chordirektor/Choir director

  Valentino Metti

Pianist 

 

Leonardo Catalanotte

Otello

  Frank Porretta

Jago

  Carlos Álvarez

Cassio

  Ángel Rodríguez

Roderigo

  Viççenç Esteve Madrid

Lodovico

  Stefano Palatchi

Montano

  Juan Tomás Martínez

Herold/Herald

Fernando Latorre

Desdemona

Hasmik Papian

Emilia

Marina Pardo
 

Chor des Teatros de la Maestranza

Sinfonie-Orchester Sevilla

Impressionen und Inhalt

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